Notizen aus der
Neurologie
Hier finden Sie regelmässig Informationen zu neurologischen Themen.
MS und Immuntherapie führen nicht zu einem erhöhtem Krebsrisiko
Unter 53.984 MS-Patienten in einer retrospektiven Studie aus Kanada, ließ sich retrospektiv kein erhöhtes Risiko für Brust- oder Darmkrebs, bedingt durch die Erkrankung oder die eingesetzte Therapie, feststellen. Allerdings war die Inzidenz für Blasenkrebs erhöht, spekulativ durch häufigere Blasenentzündungen und Katheterisierungen im Rahmen medizinischer Maßnahmen.
Neurology 2021;96 e501-12 aus: Info Neurologie+Psychiatrie 2021: 23(3)
Kopfschmerzen nach Schädel-Hirn-Trauma
Der posttraumatische Kopfschmerz tritt insbesondere nach leichtem Schädel-Hirn-Trauma auf und kann bis zu einem Jahr persistieren. Er ist so definiert, dass er in einem Zeitraum bis zu 7 Tagen nach dem Traumaereignis auftreten muss. Beim letzten Drei-Länder-Treffen der Kopfschmerzgesellschaften von Deutschland, Österreich und der Schweiz in Wien 2020, wurde noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass es sich häufig um einen Mischkopfschmerz handelt. Dabei haben 30–40% der Patienten sowohl Charakteristika der Migräne als auch vom Spannungskopfschmerz. Etwa zwei Tage sollte nach einem leichten Schädel-Hirn-Trauma eine Pause eingehalten werden, bevor z.B bei Sportlern wieder eine stufenweise Zunahme der Belastbarkeit erfolgen kann. Eine längere Schonung wird also nicht mehr angestrebt.
Muss man Triggerfaktoren für Migräneattacken immer vermeiden?
Die häufigsten Triggerfaktoren für den Migränekopfschmerz sind statistisch gesehen Stress und Schlafmangel. Allerdings sind die Ereignisse, die eine Migräneattacke auslösen individuell im einzelnen sehr unterschiedlich. manche dieser Trigger können häufig nicht ausgeschaltet werden, insbesondere wo es sich um Streßfaktoren am Arbeitsplatz oder im Familienleben handelt. Durch eine ständige Vermeidung potentiell migräneauslösender Situationen, kann auch eine Sensibilisierung auf diese Trigger bzw. eine Erwartungsangst hervorgerufen werden. An der Uni-Mainz gibt es derzeit ein Forschungsprojekt mit dem Ziel, dieser Sensibilisierung entgegenzuwirken. Bei Interesse stehe ich gerne für weitere Informationen zur Verfügung.
Schlaganfallbehandlung wird immer individueller
Neuere Studien belegen, dass ein Schlaganfall mit dem Einsatz moderner bildgebender Verfahren in manchen Fällen bis zu 9h nach dem Ereignis noch durch ein Auflösen des gefässverschliessenden Blutgerinnsels wirkungsvoll behandelt werden kann. Mit Hilfe einer sogenannten Katheterintervention sind sogar Erfolge bis zu 24h nach den ersten Symptomen bei einigen Patienten noch möglich. Das soll jedoch davon abhalten, zu lange mit der Klinikeinweisung beim Schlaganfalll zu warten, denn es gilt immer noch “time is brain”. Insbesondere in der ersten Stunde des Schlaganfalls kann etwa jeder 2. mit der herkömmlichen iv-Lysetherapie wirkungsvoll behandelt werden. Zur Schlaganfallversorgung stehen in Wiesbaden die grossen Kliniken mit den neuesten Methoden zur Verfügung. Nähere Informationen bekommen Sie über meine Homepage.
Das Syndrom des "brennenden Mundes"
Das “burning-mouth-syndrom” ist ein seltenes Krankheitsbild, das mit brennenden Missempfindungen auf der Zunge einhergeht. Es ist bei älteren Frauen häufiger und tritt insbesondere zusammen mit Mundtrockenheit und Geschmacksstörungen auf. Diagnostisch müssen eine Refluxerkrankung, Vitaminmangelzustände sowie ein Mangel an Zink, Selen und Eisen genauso wie eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis ausgeschlossen werden. Eine MRT des Kopfes mit Darstellung des fünften Hirnnerven gehört zur Diagnostik ebenfalls dazu. Wenn Sie an dieser Erkrankung leiden, sollten Sie einen Termin bei einem Neurologen zur weiteren Diagnostik und Therapie vereinbaren.
Neues Migränemedikament ist wirksam, hat aber zentrale Nebenwirkungen
In einer Studie an 3005 Patienten mit akuten Migräneattacken führte Lasmiditan bei 38,8% in einer Dosierung von 200 mg zu Kopfschmerzfreiheit nach 2 Stunden und zu anhaltender Kopfschmerzfreiheit innerhalb von 24 Stunden bei 42,7%. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Schwindel, Benommenheit, Müdigkeit und Antriebsstörung.
Brain 2019;142;1894–904
Erhöhtes Demenzrisiko durch Medikamente
In einer Studie an 284.343 Patienten führten anticholinerg wirksame Medikamente aus der Gruppe der Antipsychotika, Blasenmedikamente, Parkinsonmedikamente und Antidepressiva, zu einem erhöhten Demenzrisiko in Abhängigkeit von der eingenommenen Dosis.
JAMA Intern Med 2019
Mehr als zwei Drittel aller Schulkinder leiden regelmäßig unter Kopfschmerzen
Gemäss einer Befragung von 5.419 Schülerinnen und Schüler zwischen März 2015 und März 2016, die in Dresden eine Grund- oder weiterführend Schule besuchten. Gaben nur 32% der Befragten an, gar nicht unter Kopfschmerzen zu leiden, fast 37% hatten einmal pro Monat Kopfschmerzen, fast 32% sogar mehr als zweimal im Monat. Die Kopfschmerzhäufigkeit variierte mit der Schulform: In Grundschulen hatten fast 64% der Schüler regelmäßig Kopfschmerzen, in den Gymnasien fast 68% und in den weiterführenden Regelschulen nahezu 80%. Mädchen waren insgesamt häufiger betroffen als Jungen.
Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie Juli 2019
Antikörper in der Nervenflüssigkeit können Verschlechterung der MS anzeigen
In einer Studie an 673 Patienten mit schubförmig-remittierender Multipler Sklerose hatten Patienten mit einer IgG-Synthese in der Nervenflüssigkeit ein höheres Risiko für eine Verschlechterung innerhalb der nächsten 4 Jahre. IgG ist möglicherweise hilfreich zur Prognoseabschätzung und Therapieentscheidung.
Quelle: JAMA Neurol. 2019;76(7):841–849. April 2019
Epileptische Anfälle bleiben bei Multipler Sklerose manchmal unbehandelt
In der Gesamtbevölkerung sind etwa 0,5 bis 1% an Epilepsie erkrankt. Bei der Multiplen Sklerose treten epileptische Anfälle zwar selten auf, sind aber doppelt so häufig wie bei nicht MS-Erkrankten.
Nach einer Befragung unter MS-Patienten bleiben rund 15 Prozent der Anfälle unbehandelt.
Quelle: DMSG-Bundesverband, 30.04.2019